Istria300
Am 28.9.2024 war ich mit einigen Kollegen aus Graz erstmals beim Istria300 in Poreč. Dieser Artikel soll allen, die sich das auch überlegen, ein Bild geben, was euch dort erwartet.
tldr;
- Istria300 ist top-organsisiert. 👍
- Die gesamte Strecke ist gesperrt! 🥳
- Ja, es sind wirklich so viele Höhenmeter! ⤴️ ⤵️ 🔁
- Die Strecke versucht dich zur Strecke zu bringen. ⚠️
- Das Zeitlimit für die ganze Strecke ist knapp. 🕖
- Aber Abkürzungen auf die kürzeren Strecken sind unterwegs möglich. 😅
- Wichtig: Über “Speed Bumps” hopsen (fehlerfrei, jederzeit, 300 mal). 🤞

Überblick
Das Istria300 ist ein relativ junges (seit 2021?) Rennen, dessen Strecke über 300km durch die kroatische Halbinsel Istrien führt. Start und Zielort ist die Küstenstadt Poreč.
Es findet normalerweise am letzten Samstag im September statt. Das könnte man gut mit einem Spätsommer-Urlaub kombinieren, wenn man von den Schulferien unabhänging wäre.
Anmeldung
Dieses Rennen ist ziemlich schnell sehr groß geworden, so dass es Monate vor dem Start schon ausverkauft sein könnte. Die Startgebühr steigt je knapper die Plätze werden. Wenn ich mich recht erinnere waren 4000 Teilnehmer am Start.
Anreisen und Übernachten
Die Veranstalter sind eng verbunden mit einer in der Gegend stark vertretenen Hotelkette, in deren Hotels es von Radfahrern dann nur so wimmelt.
Es gibt aber auch genügend andere – eventuell preiswertere – Herbergen. Immerhin ist das schon die Verlängerung der Sommersaison. Es macht natürlich Sinn, in Radreichweite vom Start zu übernachten.
Die Startunterlagen kann man am Vortag schon abholen, was man unbedingt tun sollte.
Man merkt schon bei der Abholung der Starunterlagen. Das hier ist gut durchorganisiert.

Zur Startaufstellung
Es gibt drei Startblöcke, die nach früheren Ergebnissen bei diesem Rennen zugeteilt werden. Als Erststarter steht man im Block 3, das ist natürlich kein Vorteil, wenn man die Strecke flott bereisen will.
Es lohnt sich zumindest im Block 3 weit vorne zu stehen, also früh dort zu sein. Trotzdem dauerte es etwa 10 min vom Startschuss bis zu Startlinie!
Die Startaufstellung verläuft entlang der Küste in der Altstadt von Poreč.
Das Rennen startet um 7 Uhr. Zielschluss / Zeitlimit ist 12 Stunden später. Das entspricht ziemlich genau der Zeit zwischen Sonneaufgang und ihrem Untergang. Es ist also auf dem Weg zum Start stockfinster, und auf dem Rückweg vielleicht auch.

Wir hatten das Glück, dass es schon am Morgen schön warm war, so dass ich nicht mal was zum Anziehen mitgenommen habe. Sonst ist es wäre es schon eine Hilfe, wenn man Beleuchtung und Gewand vor dem Start noch loswerden kann.
Auf der Strecke
Wichtigster Pluspunkt der Strecke: Sie ist gesperrt!!
Und das ist echt bemerkenswert. Stellt euch vor, das wäre beim Mondseer auch so. Das wäre eine neue Qualität!
Bis auf sehr seltene undichte Stellen funktioniert die Sperre auch wirklich gut. Der Veranstalter hat eine riesige Zahl an Helfern in jedem Örtchen engagiert, die dafür sorgen, dass die Strecke den Radfahrern gehört. Hut ab, so soll es sein.
Die Streckenführung ist auch bemerkenswert. Sie führt über einige größere und ganz viele schmale kurvige Wege in elegantem Zickzack quer durch Istrien.
Man kann sagen, es ist keine schnelle Strecke, das sieht man auch an der Durschnittsgeschwindigkeit der Sieger. Die 12 Stunden Zeitlimit lassen nicht viel Reserve.
Obacht
In jedem Dörfchen gilt: Vorsicht vor den schlafenden Polizisten oder Speed Bumps. Die gibt es überall und man muss jederzeit zuverlässig drüber hopsen können. Auch, wenn man nach 10 Stunden schon übers Kreuz schaunt. Der Hopser muss passen. Denn man ist oft viel zu schnell für andere Lösungen und Bremsen in der Gruppe geht nicht gut.
Es lauern auch richtig tiefe Schlaglöcher, die das Rennen beenden können.
Anfang
Nach einre zähen Startphase ging es die erste Stunde schnell vorwärts. Wegen der schlechten Starposition war der Anfang geprägt von nach-vorne-kommen und überholen. Die Strecke erlaubt das in diesem Teil auch. Später wirds anders, aber dann hat sich das Feld schon gelichtet.
Im südlichsten Teil der Strecke kommt ein ordentlicher Anstieg, so weit so gut. Aber die Abfahrt hat es in sich. Steil, eng, holprig, extrem enge Kehren. Genauso anstrengend wie aufwärts, die Bremsen glühen, fast das gesamte Körpergewicht ist auf den Armen. Die Geschwindigkeit ist zwangsweise niedrig.
Abkürzungen
Das Streckenkonzept ist wohl durchdacht. Es gibt eine 300km Schleife mit zwei Abkürzungen, für die man sich unterwegs entscheiden kann. Die letzte Abkürzung kommt aber schon bei ungefähr der Hälfte der Strecke.
Point of no Return
Nach diesem Point-of-no-Return wird es hart. Die Strecke führt bei etwa 220km in eine sehr zerklüftete Landschaft, wo man sich über extrem steile schmale Straßen durch ein nicht enden wollendes Labyrinth arbeitet.
Klar hab ich die Strecke auf dem Display. Aber das Höhenprofil in der Datei des Veranstalters löst die kleinen Zacken, die hier versuchen dich umzuhauen, gar nicht auf.
Es kann nach der nächsten Ecke 22% rauf oder runter gehen. Jetzt weiß ich: besser eine echte Aufzeichnung laden. Zumindest wenn die Strecke gleich bleibt (sie hat sich aber schon oft verändert).
Fertig fahren
Irgendwann hört dieser gefühlt unendlich lange Sektor auf und man kommt wieder etwas ins rollen auf besser ausgebauten Straßen.
Der letzte echte Anstieg ist nicht mehr hinterlistig und eigentlich ganz schön. Es war trotzdem nicht leicht die Beine wieder richtig in Schwung zu bringen.
Vom letzen Schmierer gehts leicht bergab zurück zum Meer. Ohne Gruppe oder Gegenwind oder beides wären hier bitter.

Labestationen
Unterwegs gibt es eine ausreichende Anzahl an Labestationen. Die erste kommt eigentlich zu früh, aber manche fahren ja die kürzeren Strecken langsamer. Für die wirds passen. Außer Wasser und eine Packung Tramezzini hatte ich alles mit.
Besenwagen
Wenn einen die Strecke doch zur Strecke bringt, kann man auch vom entlegensten Winkel mit dem Besenwagen zurück ins Ziel fahren.
Ziel
Im Ziel gibts Trüffelpasta, sehr gut! Offizielle Zeit 10:11, das ist also eine Tagesaufgabe. Von der Starlinie waren es 10:01, also 30km/h Schnitt.

Das macht Platz 72 von 392 Finishern innerhalb des 12-Stunden-Zeitlimit. Da bin ich sehr zufrieden.
Die Anzahl der Starter auf dieser Strecke kann wegen der Abkürzungen nicht angegeben werden.
Welches Material?
Ganz klar Rennrad. Die Strecke ist, zumindest 2024, überall asphaltiert, aber teilsweise ziemlich grob. Es gibt auch richtig neuen Asphalt. Der Großteil ist jedenfalls gut. Breite Reifen mit wenig Druck sind sicher von Vorteil, aber Gravel ist nicht nötig.
Wichtig sind die Bremsen. Sie bekommen richtig viel Arbeit auf den extrem steilen Abfahrten. Ich bin mit meinen guten alten tubeless Alulaufrädern mit Felgenbremsen gefahren. Hat super funktioniert. Carbon Felgenbremsen würd ich nicht riskieren.
An den harten Bremspassagen schwebte starker Scheibenbremsengestank durch das Feld. Im Ziel haben einige erzählt, dass sie sich die Bremse ruiniert haben. Also besser daheim schauen, wie dick der Belag noch ist, und schlau bremsen.
Nochmal?
Grundsätzlich gerne. Heuer nicht. Es ist so gut gelaufen, kann kaum besser werden. Wetter war auch ideal. Nur weiter vorne starten wäre echt interessant. Beim nächsten Mal sollte Block A drin sein.
Und es ist halt nicht gerade ums Eck.